Unsere „Intensivgruppe“ im Prater
11 Menschen mit Behinderung mit höchstem Unterstützungsbedarf gleichzeitig in den Wurstelprater begleiten? Geht denn das? Ja, und wie! Wie genau, und wie viel Spaß es allen gemacht hat, lesen und sehen Sie hier!
Die sogenannte „Intensivgruppe“ der Werkstatt Schuhfabrikgasse im 23. Bezirk trägt diesen Namen nicht zu Unrecht: jeder und jedes Mitglied dieser Gruppe hat verschiedene Beeinträchtigungen, die dem Betreuungsteam viel Einfühlungsvermögen, Energie und Fachkenntnisse abverlangen. Diese sogenannte „höchste Unterstützung“ wird von den KundInnen und Kunden oft erst nach langer gegenseitiger Kennlern- und Eingewöhnungsphase angenommen, dann aber werden kleine Wunder und große Erfolgserlebnisse für alle spürbar!
„Der Erfolg mag für Aussenstehende klein aussehen. Für unsere KundInnen ist es aber die Welt, jede Handlung, die auf einmal selbst gemacht werden kann, stärkt das Selbstvertrauen ungeheuerlich, und macht auch uns BetreuerInnen stolz und glücklich!“, verrät Petra Hasil, die Leiterin der Gruppe, und verrät damit schon ein Kernelement ihrer Arbeit und ihrer eigenen Motivation.
„Ganz wesentlich ist es, sich auch ohne Worte genau in den Menschen hineinzufühlen, was sie oder er wirklich will und kann. Dann finden sich mit einigem Nachdenken und Ausprobieren immer Lösungen, die genau für den Menschen passen“, führt sie weiter aus.
Von ihrer langjährigen Erfahrung profitieren auch ihre KollegInnen Gertrude Schwarz und Alexander Reinsberger. Gemeinsam sorgen Sie für einen sehr abwechslungsreichen Arbeitsalltag (vor allem gemeinsames Kochen, viel Bewegung im Turnsaal und im Garten, mit und ohne Musik, und Ausflüge stehen am Programm), und jede und jeder kann nach ihrer/seiner Art und Weise mitmachen!.
Die folgenden drei KundInnen sind zum Beispiel Mitglieder der Intensivgruppe:
Thomas Marckgott (links) war früher in der Anstalt auf der Baumgartner Höhe untergebracht. Diese Zeit prägt ihn bis heute. Als er vor ca. 20 Jahren in der Lebenshilfe-Werkstatt angefangen hat, hat er sich oft heftig selbst geschlagen. Mit viel Lob und ganz kleinteiligen Einladungen zum Mitwirken im Gruppengeschehen hat Thomas Marckgott schrittweise Vertrauen geschöpft und Kontakte zugelassen. Er hat auch heute noch riesige Angst vor allem Neuen und braucht unbedingt Vertrauen. Alles in Allem ist er aber ruhiger und umgänglicher geworden in vertrauter Umgebung.
Anfangs hat niemand verstanden, was Joycelyn Appiateng (rechts) wirklich braucht und will, um in der Werkstatt mitzuarbeiten. Willensstark zu sein und gleichzeitig nicht sprechen zu können, sind oft eine heikle Kombination… Doch mit folgender Handlungsfolge gelang der Durchbruch: Was macht sie besonders gern? Essen! Dann wäre doch Kochen eine passende Tätigkeit… Start mit einfachen Schneidetätigkeiten unter 1:1-Aufsicht, Welche Zutaten brauchen wir dafür? Einfache Rezepte mit Hilfe von Symbolkarten auswendig lernen. Einen Einkaufszettel zusammenstellen und dann auch selbst einkaufen gehen, mit Hilfe der Karten einzeln der Reihe nach alle Zutaten zusammentragen, den Erfolg beim abschließenden gemeinsamen Essen genießen! Dieser Entwicklungsprozess dauerte vier Jahre und erforderte viele Wiederholungen, aber Joycelyn ist nun ein wesentliches Stück aktiver, selbstständiger und eingebundener geworden!
Claudia Winter (links) ist „hart, aber herzlich“ im Umgang mit ihrer Umgebung, und genau so braucht sie es auch für sich selbst, wie das Betreuerteam gelernt hat. Aus vielen Alltagserfahrungen wissen die KollegInnen, dass die Stimmung bei Claudia Winter rasch umschlagen kann, wenn sie nicht sofort das bekommt, was sie gerade möchte. Dann ist es ratsam, strikt und streng zu bleiben und klare Grenzen zu ziehen. Überwiegend ist sie aber eine fröhliche Person, die gerne non-verbal Kontakt aufnimmt und ihre Freude auch zeigen kann. In der Intensivgruppe wird ihr eine strukturierte, abwechslungsreiche Arbeitswoche geboten, bei der sie sich immer wieder gut einbringen kann.
Der gemeinsame Besuch im Wurstelprater
Elf Personen mit unterschiedlichsten persönlichen Herausforderungen gleichzeitig in lauter, unruhiger, ungewohnter Umgebung? Wieso es trotz Zweifel des Redaktionsteams (siehe weiter unten) dennoch ein entspanntes, ja wirklich fröhliches und glückliches Miteinander war, ist leicht erklärt:
- Gute Vorbereitung und Einstimmung auf den Ausflug schon Tage vorher
- Voriges Absichern, dass der Fahrtendienst (zwei Busse) pünktlich und verlässlich zum Hin- und wieder Zurückbringen erscheint
- Begleitung durch vier Vertrauenspersonen, die die KundInnen gut kennen
- Alles griffbereit dabeihaben, was man brauchen könnte (z.B. Küchenrolle, Ersatzwäsche,…)
- Aber vor allem: den Menschen hinter der Beeinträchtigung und so manch unangenehmer Verhaltensweise sehen, mit viel Humor und Herz, Offenheit und Achtsamkeit das Gemeinsame auf Augenhöhe suchen; untereinander positive Gefühle austauschen, diese Sprache funktioniert immer!
Hier die Bilder des stimmungsvollen Tages zum Nachblättern:
Das Redaktionsteam
Bernhard Schmid (links), Martin Schwerter (Mitte) und Sepp Hochmeister (rechts) wurden eingeladen, die Intensivgruppe zu begleiten, zu fotografieren und diesen Bericht zu verfassen. Hilfreich war, dass Martin und Sepp einige KundInnen schon von früher enger gekannt haben. Dadurch war von Anfang an eine herzliche Stimmung zu verspüren! Gemeinsam werden diese drei die Gruppe und auch andere Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf in der Lebenshilfe weiterhin begleiten und über ihre Erlebnisse, Herausforderungen und Erfolge berichten!